Zu viele Familien leben in Deutschland weit unter dem Existenzminium. Das Geld für Schulranzen, Sportverein und Co. ist schlicht und einfach nicht vorhanden. Nun will die Regierung mit dem frisch verabschiedeten „Starke-Familien-Gesetz“ mehr für finanziell schwächere Familien tun und Kinderarmut vorbeugen. Doch können Kinder aus Hartz IV Familien tatsächlich davon profitieren?
Vier Millionen Kinder in Armut
Laut Familienministerium gibt es deutschlandweit 13,4 Millionen minderjährige Kinder – vier Millionen davon leben in ärmlichen Verhältnissen. Entweder beziehen die Familien Hartz IV oder die Eltern der Kinder sind gering verdienend. Insbesondere die letztere Gruppe soll durch den Gesetzesentwurf profitieren, indem 1,2 Millionen Kinder erstmals Anspruch auf den Kinderzuschlag haben. Das wiederum soll verhindern, dass arbeitende Eltern auf Grund der Ausgaben für ihre Kinder in Hartz IV rutschen.
Mehr Kinderzuschlag, Höheres Bildungspaket & Co.
In dem Gesetzesentwurf sind unter anderem folgende Maßnahmen vorgesehen:
- Erhöhung des Kinderzuschlages
Zum 1. Juli 2019 soll der Kinderzuschlag von 170 Euro pro Kind auf 185 Euro steigen. Weiterhin sollen die Formulare für die Beantragung vereinfacht, Einkünfte des Kindes wie Unterhaltszahlungen weniger angerechnet werden und Bewilligungen zukünftig 6 Monate gelten.
- Höheres Bildungs- und Teilhabepaket
Die Förderungshöhe für Schulutensilien soll ab August von bisher 100 Euro pro Kind auf 150 Euro steigen.
- Kostenloses Schulessen
Der Eigenanteil am Schulessen soll wegfallen.
- Verkehrstickets für Kinder
„Maßnahmen gehen an Hartz IV Beziehern vorbei“
Kritik zu dem neuen Gesetzesentwurf gibt es reichlich. Der deutsche Kinderbund betont, dass die neuen Regelungen zu kompliziert seien. Verbandspräsident Heinz Hilgers sagt, es sei schon fast „Realsatire“, bei den Maßnahmen von einem Gesetz für starke Familien zu reden.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband äußerte sich im Interview mit einer Online Zeitung besonders kritisch. Bezüglich des kostenfreien Mittagessens betont er, dass Hartz IV Empfänger bisher sowieso lediglich einen Euro zum Mittagessen zuzahlen mussten. Außerdem würde zwar das Bildungs- und Teilhabepaket um 50 Euro ansteigen, doch würden die tatsächlichen Schulkosten laut Schneider doch bei etwa 200 bis 400 Euro pro Kind jährlich liegen (Siehe auch: Bildungspaket viel zu gering: Einsparungen auf Kosten der Kleinsten!).
Die Erstattung der Fahrkosten sei keine „große soziale Errungenschaft“, denn Schneider empfindet es für selbstverständlich, dass Kinder zur Schule kommen müssten. Zudem fordert er die volle Übernahme aller Schulkosten und eine kostenlose Teilhabe an „allen Formen von Geselligkeit“. Auch das Kindergeld steigt ab Juli um 10 Euro. Er ist sich aber sicher: Die „Maßnahmen gehen an Hartz IV Beziehern vorbei“, da auch das Kindergeld immer noch voll angerechnet werde.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband fordert eine bedarfsunabhängige Kindergrundsicherung, die abhängig der Höhe des Einkommens besteuert werden muss. Familien mit wenig oder keinem Einkommen würden somit den Vollbetrag erhalten. Laut Schneider gibt es für seinen Vorschlag in Teilen der SPD und im Arbeitsministerium bereits regen Zuspruch.
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