Der Aufschrei war groß und die Diskussion lang, als die Ampel die Angemessenheit der Heizkosten beim Bürgergeld während der ersten zwölf Monate – der Karenzzeit – nicht überprüfen lassen wollte. Letztlich hat man der Forderung der Union nachgegeben. Dabei zeigt sich jetzt: Hartz IV Haushalte haben im vorigen Jahr eher sparsam geheizt. Die Ausgaben der Jobcenter für Heizkosten sind zwar gestiegen. Aber das ist eher der Teuerung, denn dem Heizverhalten der Betroffenen geschuldet.
2,3 Milliarden Euro für Heizung und Warmwasser
Unter dem Strich stehen 2,3 Milliarden Euro. So viel Geld mussten die Jobcenter im vorigen Jahr für Heizung und Warmwasser aufwenden. Ein Plus von 6,9 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Besonders hoch waren die Kosten, wen wundert’s, in den letzten drei Monaten von Oktober bis Dezember: 862,7 Millionen Euro. Das sind 163,8 Millionen Euro oder 23,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
116,05 Euro pro Monat für vier Personen
Die Durchschnittswerte: Für einen Einzelhaushalt, der auf Bürgergeld (seinerzeit Hartz IV) angewiesen ist, wurden 61,86 Euro ausgegeben. Bei zwei Personen stiegen die Kosten für Heizung und Warmwasser auf 88,02 Euro und bei vier Personen auf 116,05 Euro. Experten zufolge wird die Gaspreisbremse wenig an der Höhe dieser Ausgaben ändern.
Die Zahlen in Relation zur Teuerung
Die Zahlen lassen zunächst einmal hellhörig werden: 2,3 Milliarden Euro. „Die haben es bestimmt schön warm“, wird es dem einen oder anderen Bürgergeld-Kritiker durch den Kopf gehen. Allerdings sollte man sich auch die Mühe machen und die Daten in Relation zur Teuerung setzen. Denn dann sieht man: Bürgergeld Bedürftige heizen sparsam und ganz gewiss nicht auf Teufel komm raus.
Ein weiterer Punkt ist, dass Jobcenter sowohl bei Hartz IV als auch beim jetzigen Bürgergeld nur die Heizkosten zahlen, die für die Wohnung angemessen sind – ein Anhaltspunkt ist bspw. der bundesweite Heizspiuegel. Sind die Heizkosten zu hoch, werden Hilfebedürftige im Rahmen des Kostensenungsverfahrens darauf hingewiesen, dass diese zu senken sind und nach erfolglosem Ablauf dieses Verfahrens müssen sich Leistungsbezieher ggfls. aus dem Regelsatz an den zu hohen Heizkosten aus dem Regelbedarf beteiligen.
Preissprung um bis zu 100 Prozent
Die Verbraucherzentralen bieten auf ihrer Internetseite einen Energiepreisrechner. Hier wird auch auf die prognostizierten Mehrkosten bei Gas eingegangen. Gerechnet wird mit 100 bis 200 Prozent. Ähnliche Werte nennt der Energiedienstleister Techem. Deren Daten-Analyse geht von einer Steigerung der Raumheizkosten im Vergleich zum Vorjahr von 99 Prozent aus.
Energiekosten sind rapide gestiegen
Betrachtet man die Teuerung bei Energie und Haushaltsenergie, die vom Statistischen Bundesamt kalkuliert wurde, bewegt sich die Inflation bei etwa 30 Prozent. Der Bereich Energie (Haushaltsenergie und Kraftstoffe) erreichte im letzten Quartal des Jahres 2022 Werte von 35,1 Prozent (Oktober), 31,4 Prozent (November) und 20,3 Prozent (Dezember). Im Mittel ergibt sich ein Wert von 28,9 Prozent.
Inflation bei Gas und Co.
Die Haushaltsenergie (Strom, Gas und andere Brennstoffe) war noch stärker von der Inflation betroffen. Im Oktober 2022 betrug die Teuerung 47,1 Prozent, im November 47,0 Prozent und im Dezember 30,6 Prozent. Der Durchschnittswert für die letzten drei Monate des Jahres: 41,5 Prozent. Erfreulicherweise bewegen sich die Preise aktuell wieder nach unten. Im März stehen 3,5 Prozent (Energie) und 21,9 Prozent (Haushaltsenergie) zu Buche.
Ausgaben bewegen sich im Rahmen der Teuerung
Wenn Bürgergeld-Bedürftige, im vierten Quartal 2022 also 23,4 Prozent höhere Heizkosten hatten, ist das angesichts der Teuerung ein ganz normaler Preissprung – der sich sogar unterhalb der Teuerung bewegt. Wenn man dann noch bedenkt, dass die Wohnungen von Bürgergeld Haushalten selten perfekt gedämmt sind, war das Geschrei um bollernde Heizungen völlig übertrieben.
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