Sind Hartz IV Bedürftige mit einem Bescheid des Jobcenters nicht einverstanden, haben sie die Möglichkeit, Widerspruch dagegen zu erheben. Über ein Drittel aller erhobenen Widersprüche sind dabei erfolgreich – der Grund: Das Jobcenter arbeitet häufig ungenau und schlichtweg nicht rechtskonform.
Hartz IV Bedürftige müssen Fehlentscheidungen der Jobcenter nicht einfach so hinnehmen. Jeder Bescheid des Jobcenters ist ein Verwaltungsakt. Wer sich also von Seiten des Leistungsträgers falsch behandelt fühlt, kann Widerspruch erheben. Im vergangenen Jahr hat das Jobcenter laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit über 600.000 Widersprüche bearbeitet, über ein Drittel von ihnen (34,91 Prozent) wurden als gerechtfertigt anerkannt und stattgegeben bzw. teilweise stattgegeben.
Gründe für stattgegebene Widersprüche: Oft trifft Jobcenter Schuld
Betrachtet man die Gründe für die insgesamt 212.176 stattgegebenen Widersprüche, zeichnet sich schnell ein Muster ab: In mehr als der Hälfte (53,73 Prozent) der Fälle lässt sich die Schuld klar beim Jobcenter finden. Insgesamt 68.933 stattgegebene Widersprüche waren dabei zwischen August 2019 und August 2020 der fehlerhaften Rechtsanwendung durch das Jobcenter geschuldet. Die behördliche Fehlinterpretation oder Falschanwendung geltender Gesetze ist somit Grund für knapp ein Drittel aller gerechtfertigten Widersprüche.
In 45.118 Fällen ließen sich die Widersprüche auf mangelhafte Aufklärung oder Probleme mit der Dokumentation bestimmter Anliegen seitens des Jobcenters zurückführen.
82.892 der stattgegebenen Widersprüche erklärten sich durch nachgereichte Unterlagen oder aber nachgeholte Mitwirkungen bzw. neue Sachvorträge. Hierbei ist jedoch nicht klar, ob und inwiefern diese Umstände dem widersprechenden Leistungsbezieher oder einem voreilig handelnden Jobcenter geschuldet sind.
Prozentual verteilen sich die Begründungen für stattgegebene Widersprüche wie folgt:
Klageweg oft erfolgreich
Werden Widersprüche als ungerechtfertigt vom Jobcenter abgelehnt, haben Leistungsbezieher immer noch die Möglichkeit, den Klageweg zu gehen. Die Erfolgsquote einer solchen Klage gegen Entscheidungen des Jobcenters ist beachtlich: Rund 40 Prozent der insgesamt 99.355 Klagen gegen das Jobcenter wurde zwischen August 2019 und August 2020 stattgegeben. Im Klartext heißt das: In 39.140 Fällen haben Leistungsbezieher das Jobcenter im vergangenen Jahr durch Widersprüche mit der Nase auf seine falschen Entscheidungen gestoßen und mussten sich ihr Recht dennoch mühsam vor Gericht erkämpfen.
Dazu: Schlampige Arbeit: Hartz IV Klagewelle gegen Jobcenter
Spielt Jobcenter mit Existenzen?
Inkompetenz oder Desinteresse an den Existenzen Hartz IV Bedürftiger? Über die Gründe für diese besorgniserregenden Zahlen lässt sich nur spekulieren. Doch eins steht fest: Die Leidtragenden behördlicher Fehler dieser Art sind nur selten die Jobcenter-Mitarbeiter selbst – in den meisten Fällen sind es die Leistungsempfänger.
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