5,65 Millionen Bundesbürger sind überschuldet und damit nicht mehr in der Lage, ihren finanziellen Verpflichtungen langfristig nachzukommen. Das entspricht einer Überschuldungsquote von 8,15 Prozent – was einer leichten Entspannung gleichkäme. Aber: Dieser Wert aus dem „SchuldnerAtlas Deutschland 2023“ von Creditreform basiert auf einer neuen Berechnungsmethode. Nach dem alten Verfahren ist die Zahl der Betroffenen leicht gestiegen: um 17.000 auf eine Quote von 8,51 Prozent.
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Trügerische Werte
Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, warnt daher, das Zahlenwerk allzu positiv zu sehen: „Die vermeintlich guten Werte trügen leider.“ Statt 233.000 weniger sind es – wenn man die bisherigen Maßstäbe ansetzt – 17.000 überschuldete Personen mehr. Creditreform nennt es eine „verdeckte Trendumkehr“, denn seit 2020 war die Zahl der Verschuldungsfälle kontinuierlich zurückgegangen.
Erholung durch staatliche Maßnahmen
Dafür verantwortlich seien vor allem die staatlichen Stützungsmaßnahmen, die viele Verbraucher vor dem Abrutschen in die Überschuldung bewahrt hätten. Mittlerweile verteuerten multiple Krisen, hohe Zinsen und die anhaltende Inflation das Leben. „Das wird viele finanziell überfordern“, ist Patrik-Ludwig Hantzsch sicher. Sichtbar würde dies erst später, weil die Folgen einer Überschuldung zeitverzögert aufträten.
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Weiche Überschuldung
Ein zweites Problem: die sogenannte „weiche Überschuldung“. Davon spricht man, wenn nachhaltige Zahlungsstörungen vorliegen. Ursache hierfür seien die gestiegenen Kosten für Lebenshaltung und Strom. Dadurch sei der finanzielle Spielraum vieler Haushalte immer weiter eingeschränkt worden. Das spiegele sich in der höheren Nachfrage bei Ratenkrediten und der Nutzung von „Buy now, pay later“-Angeboten wider.
Zahlungsunfähigkeit im Alter
Da vor allem jüngere Kunden „heute kaufen und morgen bezahlen“ gebe es in der Altersgruppe bis 29 Jahren einen Anstieg bei der (weichen) Überschuldung und der Gesamtquote. Generell sei es aber eher die Gruppe der über 60-Jährigen, bei der das Problem der Zahlungsunfähigkeit in den vergangenen Jahren signifikant zugenommen habe.
Einkommensschwache Haushalte besonders betroffen
Über alle Altersgrenzen hinweg gelte: Besonders betroffen seien einkommensschwache Haushalte, auch wenn der Anteil an der Überschuldung jüngst um fünf Prozentpunkte zurückgegangen sei. Grund: Maßnahmen des Staates, wie der höhere Mindestlohn und das höhere Bürgergeld. Doch das helfe nur für den Moment. Die wirtschaftlichen Aussichten seien trübe und das schlage sich auf die Überschuldung nieder. Andererseits stieg der Anteil der Normal- und Gutverdiener an der Quote um fünf Prozent – unter anderem, weil die Immobilienfinanzierung zur Mehrbelastung führe.
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Arbeitslosigkeit treibt in die Schuldenfalle
Der Hauptgrund dafür, sich zu überschulden, ist und bleibt Arbeitslosigkeit. Sie ist in 19 Prozent der Fälle dafür verantwortlich, dass Menschen in eine finanzielle Schieflage geraten. Krankheit, Sucht und Unfälle haben einen Anteil von 18 Prozent. Auch Scheidungen, gescheiterte Selbstständigkeiten, ein langfristig niedriges Einkommen und falsche Haushaltsführung sorgen auf Dauer für Probleme.
Zum Nachlesen: SchuldnerAtlas 2023 der Creditreform
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