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Teurer Reinfall: Bürgergeld scheitert an Bürokratie

Der Erfolg des Bürgergelds, angeblich die größte Reform seit 20 Jahren: gleich null. Statt Menschen in Arbeit zu bringen, sind die Verwaltungskosten in die Höhe geschnellt. Statt der Bürokratie den Kampf anzusagen, hat man sich mit wenig zielführenden Maßnahmen verzettelt. Das Urteil der Bertelsmann-Stiftung zum Bürgergeld ist vernichtend. Die Experten fordern von der künftigen Regierung effizientere Prozesse und langfristige Perspektiven mit klarer Linie. Dazu gehört dann auch, Betroffene, die sich verweigern, konsequenter zu sanktionieren.

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Miserable Noten für die Sozialreform

Wie so oft in der Politik wurde das Bürgergeld teurer verkauft, als es tatsächlich ist, und auf dem Papier als Meilenstein gepriesen. Da das Konzept von Anfang an durch Kompromisse zerbröselt wurde, ist am Ende nicht viel von dem geblieben, was versprochen wurde. Die Bertelsmann-Stiftung hat das Bürgergeld auf den Prüfstand gestellt und für schlecht befunden. Nötig sei neben dem Fokus auf das Fordern und Fördern auch eine Reform der Verwaltung.

Unrealistische Budgetplanung

Denn eines fällt mit Blick auf das Zahlenwerk zum Bürgergeld auf: Statt die zur Verfügung stehenden Mittel sinnvoll in die Förderung Betroffener zu investieren, fließt es in eine überbordende Bürokratie. Innerhalb von zehn Jahren seien die Kosten für die Verwaltung um 39 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro gestiegen. Für die Förderung sind es weitgehend unverändert 3,8 Milliarden Euro. Teils hat das Verhältnis Verwaltung zu Förderung bei einigen Jobcentern bereits eine Quote von 70:30 erreicht. Für die Bertelsmann-Stiftung heißt das: „Die Budgetplanungen sind unrealistisch.“

Vermittlung spielt eine untergeordnete Rolle

Konkret wirft der Arbeitsmarktexperte und Senior Project Manager Roman Wink der Politik vor, dass es inzwischen eine untergeordnete Rolle spiele, wie viele Menschen in Arbeit gebracht werden. Das Verhältnis von Mittelausstattung der Behörden und deren Erfolg sei weder transparent noch gebe es eine wirkungsvolle Steuerung. „In Zukunft braucht es klare Ziele, damit Steuergelder effizienter eingesetzt werden“, so Wink.

Fördern und Fordern

Der Vorschlag der Experten: Das Fördern und Fordern wieder mehr in den Blick zu nehmen. 44 Prozent der arbeitslosen – im Sinne von arbeitsfähigen – Bürgergeld Bedürftigen haben zwei oder mehr Vermittlungshemmnisse. Hier müsse mit individueller Unterstützung angesetzt werden, mit Qualifizierung und Weiterbildung. Daran habe es beim Bürgergeld gehapert. Die Zahl der erfolgreichen Integrationen in den Arbeitsmarkt sei um sechs Prozent gesunken. Dabei ließen sich schon 3,5 Milliarden Euro sparen und Mehreinnahmen von 1,3 Milliarden Euro in der Sozialversicherung erzielen, wenn nur die 230.000 Betroffenen ohne Vermittlungshemmnisse einen Job zum Mindestlohn finden.

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Konsequenter sanktionieren

Um zu verhindern, dass Betroffene schwarzarbeiten oder die Rückkehr ins Arbeitsleben unattraktiv wird, müsste auch „früher und konsequenter sanktioniert werden“. Bürgergeld Bedürftige sollen demnach sofort aktiviert werden, durch reguläre und geförderte Arbeit sowie Qualifizierungen. Für bessere Anreize gelte es zudem, das Bürgergeld, Wohngeld und den Kinderzuschlag zusammenzuführen – und zwar so, dass der eigene Verdienst nicht sofort komplett vom Leistungsanspruch abgezogen wird. Arbeit müsse sich lohnen. Nur so kämen Betroffene leichter aus dem Hilfebezug.

Titelbild: Roman_studio / shutterstock