Mit der Einführung des Bürgergeldes anstelle von Hartz IV wurde die Karenzzeit als Neuerung eingeführt. Sie soll Menschen, die Bürgergeld beantragen müssen, zunächst den finanziellen Druck nehmen und ihnen ermöglichen, sich ohne Existenzängste auf die Arbeitssuche zu konzentrieren. Der Bundesrechnungshof jedoch übt deutliche Kritik an dieser Regelung: Anstatt eine nachhaltige Sicherheit zu schaffen, führe die Karenzzeit nach einem Jahr zu erheblichen Belastungen für die Betroffenen. Die Regelungen zu den Wohnkosten und zum Schonvermögen sind nach Ansicht des Bundesrechnungshofs reformbedürftig.
Wohnkosten: Teure Sicherheit mit Nachteilen
Während der Karenzzeit übernimmt das Jobcenter die tatsächlichen Wohnkosten der Leistungsbezieher – unabhängig davon, ob diese als „angemessen“ gelten. Damit sollen Betroffene in der Phase der Neuorientierung nicht zusätzlich belastet werden und vor möglichen Umzügen geschützt sein. Der Bundesrechnungshof kritisiert diese Regelung jedoch als problematisch, da sie eine unrealistische Erwartungshaltung schaffe. Betroffene bleiben so oft in Wohnungen mit hohen Mietkosten, die auf lange Sicht nach dem SGB II nicht tragbar sind.
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Mit dem Ende der Karenzzeit setzt eine Prüfung der Wohnkosten auf ihre Angemessenheit ein. Fällt die Miete zu hoch aus, folgt ein Kostensenkungsverfahren. Dann müssen viele Bürgergeld-Empfänger plötzlich in eine günstiger Wohnung umziehen oder ihren Lebensstandard drastisch senken, um die Differenz bei den Wohnkosten aus eigener Tasche zuzahlen zu können. Um diese Belastungen zu vermeiden, schlägt der Bundesrechnungshof vor, die Angemessenheit der Wohnkosten bereits bei Antragstellung zu prüfen und Betroffene frühzeitig über eine mögliche Kostensenkung aufzuklären. So könnten die Empfänger eine realistischere Einschätzung ihrer finanziellen Situation entwickeln und sich rechtzeitig auf eventuell notwendige Maßnahmen vorbereiten.
Schonvermögen: Kurzfristige Erleichterung, langfristige Unsicherheit
Das zweite Element der Karenzzeit ist das erhöhte Schonvermögen. Während des ersten Jahres können Bürgergeld-Bezieher bis zu 40.000 Euro (für eine Einzelperson) und bis zu 15.000 Euro für weitere Personen in der Bedarfsgemeinschaft behalten. Diese Regelung soll Betroffene vor einem raschen Vermögensverzehr schützen und ihnen so die Möglichkeit bieten, Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben zu nutzen. Doch nach Ablauf der Karenzzeit sinkt der Vermögensfreibetrag auf auf 15.000 Euro pro Person in der Bedarfsgemeinschaft – eine Reduzierung, die viele Bürgergeld-Bezieher unvorbereitet trifft.
+++ So teuer darf ein Auto mit Bürgergeld sein
Diese abrupte Veränderung schafft laut Bundesrechnungshof neue Unsicherheiten. Leistungsempfänger geraten unter Druck, das zuvor geschützte Vermögen schnell aufbrauchen zu müssen, bevor sie weiterhin Leistungen vom Jobcenter erhalten können. Besonders für ältere Menschen oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen kann diese Regelung zu erheblichen finanziellen Belastungen führen, da ihre Möglichkeit, das Schonvermögen wieder aufzufüllen, stark eingeschränkt ist. Der Bundesrechnungshof kritisiert in diesem Zusammenhang auch die oft intransparente Kommunikation über die Vermögensgrenze: Viele Betroffene sind sich zu Beginn ihres Leistungsbezugs schlicht nicht bewusst, dass ihr Schonvermögen nach einem Jahr drastisch reduziert wird.
Droht Abschaffung der Karenzzeit?
Angesichts der anhaltenden Kritik am Bürgergeld und der gescheiterten Ampel-Koalition könnte die Karenzzeit bald womöglich abgeschafft werden, sollte die CDU in die neue Regierung einziehen. Die Partei plant eine grundlegende Reform des Bürgergeldes, in der die Karenzzeit keinen Platz mehr hätte. Stattdessen sollen Vermögensprüfungen und die Angemessenheit der Wohnkosten ab dem ersten Tag des Bezugs gelten, wodurch die Schonfrist von zwölf Monaten wegfiele.