So richtig rund läuft es in vielen Jobcentern nicht. Allerdings arbeiten die Behörden auch nicht so schlecht, dass Hartz IV Betroffene im vergangenen Jahr gleich zigmal zum Stift greifen und einen Widerspruch formulieren mussten. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) war sowohl die Zahl der Widersprüche als auch die der Klagen im Jahr 2022 weiterhin rückläufig. Allerdings sind über 400.000 Hartz IV Widersprüche auch kein Grund zur Freude.
Über 400.000 Widersprüche
In ihrer Pressemitteilung beziffert die BA die Zahl der Widersprüche in der Grundsicherung (Jobcenter) für das Jahr 2022 mit insgesamt 403.856 und die Zahl der Klagen mit 50.893 Klagen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang bei den Widersprüchen um 9.733 (etwa 2,5 Prozent) und bei den Klagen um 10.489 (fast 26 Prozent).
Grund für den Rückgang: die Rahmenbedingungen
Besonders hoch sei der Rückgang der Widersprüche in den Bereichen Regelsatz und Mehrbedarf, Aufhebung und Erstattung sowie Einkommen und Vermögen. Hierfür nennt die BA auch gleich den Grund: Die Rahmenbedingungen für Hartz IV – das heutige Bürgergeld – wurden aufgrund der Corona-Pandemie angepasst und vereinfacht.
Verzicht auf Vermögensprüfung
Konkret: Die Politik hat sich darauf verständigt, den Zugang zur Grundsicherung zu erleichtern. Einerseits dadurch, dass die Jobcenter auf eine Prüfung nicht erheblicher Vermögen verzichteten. Andererseits, weil bei den Aspekten Unterkunft und Heizung die tatsächlichen Kosten übernommen wurden, ohne die kommunalen Richtwerte zu berücksichtigen. Allerdings sind diese Erleichterungen mit der Einführung des Bürgergelds ad acta gelegt und zumindest teilweise durch die Karenzzeit ersetzt worden.
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Die Folgen des Sanktionsmoratoriums
Zufrieden ist die BA vor allem darüber, dass die Widersprüche gegen Sanktionen sich weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen und langsam wieder auf dem Stand von 2020 einpendeln. So listete die Statistik für das Jahr 2019 noch 39.900 Widersprüche gegen Sanktionen. Voriges Jahr waren es nur 8.100. Auch hierfür gibt es einen Grund: Das Sanktionsmoratorium, das mit dem Startschuss für das Bürgergeld ebenfalls endete.
Widerspruchsquote: 1,5 Prozent
Hinsichtlich der Quoten für Widersprüche und Klagen liegen nur die Zahlen der 301 Behörden vor, die gemeinsam von der BA und dem jeweiligen Landkreis getragen werden. Auf 23,4 Millionen Leistungsbescheide folgten in diesem Bereich der BA 347.500 Widersprüche (Quote: 1,5 Prozent, vorher 1,6 Prozent) und 41.100 Klagen (0,2 Prozent, vorher 0,3 Prozent).
Ein Drittel der Widersprüche hatte Erfolg
Entschieden wurde seitens der Jobcenter im Jahr 2022 über 397.300 Widersprüche. Die Mehrzahl – über zwei Drittel – wurde entweder zurückgewiesen oder zurückgezogen. „Bei 133.400 Widersprüchen wurde die Entscheidung geändert, am häufigsten deswegen, weil fehlende Unterlagen nachgereicht wurden (58.700)“, erklärt die BA. Insgesamt 50.700-Mal sei eine fehlerhafte Rechtsanwendung festgestellt worden.
Zwei Drittel der Klagen wurden abgewiesen
Die Zahl der von den Gerichten abgeschlossenen Klagen lag im vergangenen Jahr bei 66.600. Auch hier wurden knapp zwei Drittel der Fälle abgewiesen oder vom Kläger zurückgenommen. Eine neue Entscheidung wurde in 35 Prozent der Klagen getroffen. Jetzt darf man gespannt sein, wie sich die Klagen und Widersprüche beim Bürgergeld – das laut Regierung wesentlich besser ist als Hartz IV – entwickeln.
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