Ein gutes Urteil für Bürgergeld Bedürftige und jeden mit angespannter Finanzlage: Droht eine Stromsperre, müssen Energieversorger bei höheren Rückständen eine Ratenzahlung von bis zu 24 Monaten anbieten und dürfen dafür keine Zinsen verlangen. Das heißt: Sollte ein Versorger für die Ratenzahlung Gebühren erheben, handelt er rechtswidrig. Darauf weist die Verbraucherzentrale NRW hin, die erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 13.02.2025, Aktenzeichen I-20 UKI 7/24) geklagt hatte. Eine Revision ist möglich.
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200.000 Stromsperren im Jahr 2023
Hohe Energie- und generell steigende Lebenshaltungskosten reißen in immer mehr Haushalten große Löcher ins Budget. Irgendwann reicht der Notgroschen nicht mehr, um die Lücken zu füllen. Dann wird es eng und bleibt mitunter die Stromrechnung auf der Strecke. Aktuelle Zahlen hierzu liegen nicht vor. 2023 waren es immerhin 200.000 Haushalte, denen die Unternehmen den Strom abdrehten. Wie vielen Familien eine solche Stromsperre angedroht und wie häufig diese mit einer Ratenzahlung abgewendet wurde, gibt das Datenmaterial, das vom Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Linkspartei zur Verfügung gestellt wurde, nicht her.
Vereinbarung über bis zu 24 Monate
Sicher ist nur: Die zunehmende Armut wird auch künftig in Stromsperren oder Vereinbarungen über Ratenzahlungen münden. Deshalb ist das Urteil so wichtig. Bürgergeld Bedürftige, die mit zwei Abschlägen oder 100 Euro im Rückstand sind, müssen bereits mit einer Stromsperre rechnen. Für diese Fälle gibt es das Recht auf eine Ratenzahlungsvereinbarung. Damit die Raten auch gestemmt werden können, müssen Energieversorger eine Laufzeit von bis zu 24 Monaten einräumen. Im vor dem Oberlandesgericht verhandelten Fall waren es nur zwölf Monate. Außerdem hatte der Versorger Gebühren verlangt – und damit gleich doppelt gegen geltendes Recht verstoßen.
Gebühren wären kontraproduktiv
Kolja Ofenhammer, Jurist bei der Verbraucherzentrale NRW, freut sich über das Urteil. Denn: „Zusätzliche Gebühren für Kunden zu erheben, die bereits Schwierigkeiten haben, die Stromkosten zu bezahlen, sind da kontraproduktiv.“ Das Gericht habe die Rechte von Verbrauchern gegenüber dem Versorger bestätigt und schütze sie davor, „in eine plötzliche Stromsperre zu rutschen“.
Bürgergeld deckt nicht die Stromkosten
Wie groß diese Gefahr für Bürgergeld Bedürftige ist, zeigen die Zahlen des Vergleichsportals Verivox. Die Experten hatten angesichts der Nullrunde in diesem Jahr schon Ende 2024 darauf hingewiesen, dass der im Regelsatz für einen Single vorgesehene Bedarf für Strom mit 45,72 Euro viel zu knapp bemessen ist. Im Bundesschnitt lägen die monatlichen Kosten für 1.500 Kilowattstunden bei 51,89 Euro. Damit ergibt sich eine Lücke von 14 Prozent. In Thüringen sind es sogar 22 Prozent. Einziger Lichtblick: Viele Versorger wollen in diesem Jahr die Preise senken.
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Rechtzeitig handeln
Dennoch bleibt es knapp. Nicht nur beim Strom ist der Regelsatz unzureichend. Somit ergeben sich viele kleine Baustellen, von Lebensmitteln bis Verkehr, die in der Summe enorme finanzielle Sorgen mit sich bringen. Wichtig ist dann: Wenn es so eng wird, dass man die Stromrechnung nicht bezahlen kann, sollte man umgehend mit dem Versorger sprechen. Mit offenen Karten zu spielen, statt das Unvermeidbare auf sich zukommen zu lassen, ist immer die bessere Wahl.
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