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Urteil: Wann Jobcenter bei Bürgergeld Bezug für Hausreparaturen aufkommen muss

Dachdecker repariert Dach auf Eigenheim

Reparaturen sind teuer. Ob Bürgergeld Bedürftige Anspruch darauf haben, dass die Kosten vom Jobcenter übernommen werden, ist in vielen Fällen strittig. So auch bei der Dachreparatur eines selbst bewohnten Einfamilienhauses, für die 580 Euro berechnet wurden. Der Fall ging bis vor das Bundessozialgericht (Urteil vom 21. Juni 2023, Aktenzeichen B 7 AS 14/22 R). Entscheidend sei, so die Richter, dass Betroffene der Hilfe bedürfen und die Angemessenheitsgrenze nicht überschritten werde.

Jobcenter will die Kosten nicht übernehmen

Der Fall: Der Kläger erhielt in der Zeit von Mai 2017 bis April 2018 Hartz IV und bewohnte ein Eigenheim mit 129 Quadratmetern Fläche. Die Kosten für Unterkunft und Heizung betrugen im Juli 2017 insgesamt 5,62 Euro. Während das Jobcenter die Kosten für die Reparatur der Heizung in Höhe von 265 Euro noch übernommen hatte, wurde die Reparatur des Daches nicht anerkannt.

Das Haus sei zu groß

Begründung: die Größe des Hauses. Wegen der Wohnfläche bestehe kein Vermögensschutz gemäß §12 Abs. 3 S. 1 Nummer 4 SGB II (alte Fassung). Darin heißt es:

„Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen ein selbstgenutztes Hausgrundgrundstück von angemessener Größe oder entsprechende Eigentumswohnung.“

Bezug genommen wurde zudem auf § 22 Absatz 2 SGB II (alte Fassung), wonach Aufwendungen für selbst bewohntes Eigentum als Bedarf anerkannt werden, wenn die Aufwendungen im laufenden und den folgenden elf Kalendermonaten angemessen sind.

Lückenhafte Regelung

Wenn das Bundessozialgericht in diesem Fall von einer „Lückenhaftigkeit der Regelung“ spricht, unterstreicht dies die Komplexität des Falls. Beziehe man sich nur auf die angemessene Wohnfläche, führe dies zu einer planwidrigen Lücke. Eine solche Lücke liege vor, wenn eine Vorschrift nicht alle Fälle berücksichtige – so wie in der vorliegenden Konstellation.

Werterhalt oder Wertsteigerung

§ 22 SGB II soll, so die Idee des Gesetzgebers, eine Grenze ziehen zwischen Werterhaltung und Wertsteigerung im Sinne einer Vermögensbildung. Überdies werde der Werterhalt durch § 12 SGB II auf jene Häuser und Eigentumswohnungen beschränkt, die dem Vermögensschutz unterliegen. Dabei bleibe unberücksichtigt, ob auch unangemessen große, selbst genutzte Immobilien nicht als Vermögen gelten können.

Es kommt auf die Angemessenheit der Aufwendungen an

Laut Urteil des Bundessozialgerichts stehen die Angemessenheit der Unterkunftsbedarfe und die Angemessenheit der als Bürgergeld Vermögen (ehemals Hartz IV) schützenswerten Wohnfläche in keiner zwingenden Beziehung. Daher gelte: Wenn die Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftsaufwendungen nicht überschritten werde, erfolge deren Anerkennung „grundsätzlich unabhängig von der Wohnfläche“. Oder anders ausgedrückt: Das Jobcenter darf sich nicht allein auf die Größe des Hauses berufen.

Landessozialgericht muss Hilfebedürftigkeit klären

Jetzt ist es am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, an das der Fall zurückgewiesen wurde, zu klären, ob der Kläger hilfebedürftig ist oder nicht. Wichtig: Mit Einführung des Bürgergelds greift ein verbesserter Schutz für selbst genutztes Wohneigentum. Er gilt bei Häusern bis 140 und bei Wohnungen bis 130 Quadratmetern.

Verfahrensgang:

Sozialgericht Cottbus, S 4 AS 2237/17, 06.09.2019 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 29 AS 1920/19, 19.05.2021