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Darum muss das Bürgergeld jetzt einen neuen Namen bekommen

Man soll ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen. Diese Binsenweisheit wurde beim Bürgergeld direkt über Bord geworden. Die Emotionen rund um die Sozialleistung haben sich seit der Einführung so sehr hochgeschaukelt, dass bei der Union bereits der Name reicht, damit sich bei Friedrich Merz und Co. die Nackenhaare aufstellen. Statt sich um Inhalte zu bemühen, haben CDU und CSU schon sehr früh deutlich gemacht: Der Name muss weg und durch „neue Grundsicherung“ ersetzt werden.

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Geprägt 2022, eingeführt 2023

Dabei ist der Begriff Bürgergeld noch sehr jung. 2022 wurde er vornehmlich von der SPD, gemeinsam mit Grünen und FDP geprägt und 2023 in den offiziellen Sprachgebrauch eingeführt. Er löste das bisherige Hartz IV ab. Eine Bezeichnung, die vor allem Rot-Grün lange auf der Seele brannte. Erinnerte sie doch an tiefe Einschnitte in das Sozialsystem, mit denen man nicht mehr identifiziert werden wollte. Daher „Bürgergeld“ – und der Anfang einer bislang endlosen Debatte.

CDU: Bezeichnung führt in die Irre

Ursächlich hierfür waren vor allem die Neuerungen, die mit dem Bürgergeld eingeführt wurden: etwa die Karenzzeit bei der Angemessenheit des Wohnraums, die höheren Freibeträge beim Vermögen und die neuen Regelsätze. Hier mussten von Anfang an Zugeständnisse gemacht werden, weil der Gegenwind im Bundesrat zu heftig war. Denn: Schon Ende 2022 wurde das Bürgergeld von Kritikern als bedingungsloses Grundeinkommen bezeichnet. Eine Einschätzung, die sich bis heute gehalten hat. Laut CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann suggeriert der Begriff „Bürgergeld“, dass die Leistung jedem Bürger zustehe, und führe daher in die Irre.

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War der Name Hartz IV besser?

Zweifelsohne besagt Bürgergeld – mit dem Hintergrundwissen, dass es sich um eine Sozialleistung handelt –, dass es Geld für Bürger ist. Und da Betroffene, die Bürgergeld erhalten, nun einmal Bürger sind, hat die Bezeichnung durchaus etwas für sich. Hartz IV indes wäre für jemanden, der völlig unbedarft ist, absolut nichtssagend. Dass dahinter der Macher, Peter Hartz, steht und die IV an das „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ aus dem Jahr 2005 erinnert – darauf muss man erst einmal kommen oder eine Suchmaschine fragen.

Auf die Inhalte kommt es an

Ob nun Hartz IV, Bürgergeld oder die von der CDU geforderte „neue Grundsicherung“: Namen sind Schall und Rauch. In dem Fall ist es völlig unerheblich, wie man das „Kind“ tauft. Betroffenen kommt es auf die Inhalte an, auf die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums und Fairness. Sich an einem Namen aufzureiben und dabei auf die geringe Zahl der Totalverweigerer zu verweisen, hilft niemandem. Im Gegenteil: Jetzt schon wieder einen neuen Namen ins System zu integrieren, verschlingt nur unnötig Geld und Ressourcen.

Titelbild: pathdoc / shutterstock