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Wohnkosten: Bürgergeld Bedürftige werden benachteiligt

Eine mehrstöckige Wohnhausfassade mit Balkonen und Fenstern, umgeben von Grünflächen und Bäumen, bei klarem, sonnigem Wetter.

Gleiches Recht für alle. Schön wär’s. Selbst bei Menschen, die Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen müssen, werden Unterschiede gemacht. Und zwar derart, dass je tiefer man sinkt, desto schlechter wird man behandelt. Oder anders ausgedrückt: Nach unten hin werden Gürtel und Luft verdammt eng. Ein Beispiel dafür liefern die Eckdaten rund um das Wohngeld und die Kosten der Unterkunft beim Bürgergeld. In Berlin zum Beispiel sind Bürgergeld Bedürftige diesbezüglich ganz klar die Gelackmeierten.

Mietstufen beim Wohngeld

Das soziale Netz in Deutschland hat unterschiedliche Maschen. Wer genug verdient und keinen Anspruch auf Bürgergeld hat, aufgrund der hohen Mieten aber nicht über die Runden kommt, für den gibt es das Wohngeld. In die Berechnung fließen unter anderem das Einkommen und die Mietstufe für den Wohnort ein. Je höher die Mietstufe (unterteilt von 1 bis 7), desto höher darf das Einkommen sein und desto höher fällt der Wohnkosten-Zuschuss von Vater Staat aus. Damit werden die unterschiedlichen Mieten berücksichtigt, um eine möglichst faire Kalkulation zu ermöglichen.

Vergleich Berlin und Dresden

Berlin hat Mietstufe 4, Dresden Mietstufe 3. Heißt: In Berlin sind die Wohnkosten höher als in Dresden. Das bestätigt auch ein Blick auf die Durchschnittsmieten im vierten Quartal 2024, ermittelt von Immobilienscout24. In Berlin zahlt man im Schnitt 12,53 Euro je Quadratmeter. In Dresden sind es 8,79 Euro. Bei der Wohngeld Berechnung wird diese Differenz mit den unterschiedlich hohen Mietstufen berücksichtigt.

Verkehrte Welt beim Bürgergeld

Schwenken wir jetzt auf das Bürgergeld, ändern sich plötzlich die Vorzeichen. Obwohl die Mieten in Berlin höher sind als in Dresden, arbeitet das Jobcenter in der Bundeshauptstadt mit niedrigeren Mietobergrenzen. Die angemessene Bruttokaltmiete (ohne Heizkosten) für eine Person beträgt 449,00 Euro, für zwei Personen steigt der Wert auf 543,40 Euro, bei drei Personen auf 668,80 Euro und bei vier Personen auf 772,40 Euro. Zum Vergleich: In Dresden gelten für Bürgergeld Bedürftige Angemessenheitsgrenzen von 450,50 Euro, 557,64 Euro, 715,73 Euro und 813,85 Euro.

Lesetipp: So hoch darf die Miete mit Bürgergeld sein

Zunder für die Wohnkostenlücke

Auch wenn die Differenz auf dem Papier nicht gravierend zu sein scheint, sorgt sie bei Betroffenen ganz schnell für eine Wohnkostenlücke. Weil sie keine angemessene Wohnung finden, müssen sie einen Teil des Bürgergeldregelsatzes für die Miete aufbringen. Diese Gefahr ist in Berlin wesentlich größer, weil das tatsächliche Mieten-Niveau nur beim Wohn-, nicht aber beim Bürgergeld aufgegriffen wird.

Lesetipp: Jobcenter zahlt 20 Prozent zu wenig für Mieten

Behörden schludern

Ursächlich könnten die knappen Kassen sein. Berlin muss mehr Bürgergeld Bedarfsgemeinschaften mit KdU versorgen als Dresden. Nach aktuellem Stand sind es 220.426 (210.220 mit Miete) in Berlin und 21.393 (21.345) in Dresden. Da vermutlich auch mehr Menschen Wohngeld in Berlin in Anspruch nehmen, fällt dieses Argument flach. Wahrscheinlicher ist daher, dass viele Jobcenter bei der Aktualisierung der Obergrenzen schludern und damit die Nöte Betroffener verschlimmern. So wird selbst bei arm und noch ärmer mit zweierlei Maß gemessen. Ein Umstand, der ganz schnell behoben werden sollte.

Titelbild: Marcus_Hofmann / shutterstock