Bei den Ärmsten sparen oder die „starken Schultern“ des Landes mehr in die Pflicht nehmen? Ginge es nach den Unionsparteien und der FDP müssen Bürgergeld Bedürftige das Finanzproblem der Regierung ausbaden und auf die Erhöhung der Bürgergeld Regelsätze verzichten – zumindest im aktuell geplanten Rahmen von etwa 12 Prozent für 2024. Betroffene und Sozialverbände laufen Sturm, während CDU-Chef Friedrich Merz eifrig stichelt: Noch sei es nicht zu spät.
Inflation kommt Betroffene teuer zu stehen
Die Fortschreibung des Bürgergelds basiert im ersten Schritt auf der Lohn- und Preisentwicklung. Der zweite Schritt – die ergänzende Fortschreibung – nimmt noch einmal die aktuelle Inflation in den Blick. Und genau das soll Bürgergeldempfänger jetzt im wahrsten Wortsinn teuer zu stehen kommen. Weil die Inflation rückläufig ist, sehen sowohl die Freien als auch die Christdemokraten keinen Anlass mehr, den Bürgergeld Regelsatz anzupassen.
FDP will Lohnabstand wahren
Die Regierung war bei ihren Berechnungen für das Bürgergeld von einer Teuerungsrate um 9,9 Prozent ausgegangen. Im November standen laut Statistischem Bundesamt „nur“ noch 3,2 Prozent zu Buche. Für FDP-Chef Christian Lindner ist klar: „Bei der anstehenden Prüfung des Abstands zwischen Löhnen und Sozialleistungen wird man sich daher das Anpassungsverfahren ansehen müssen.“ Kurzum: Es müsse einen spürbaren Unterschied machen, ob jemand arbeite oder nicht.
Merz macht Druck
Ähnlich argumentiert FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Es könne nicht angehen, das Bürgergeld angesichts der niedrigsten Inflation seit 2021 und knapper Kassen um zwölf Prozent anzuheben. Damit läuft er bei Friedrich Merz offene Türen ein. Der CDU-Chef plädiert vehement dafür, beim Bürgergeld zu sparen. Man habe noch vier Wochen Zeit. „Das steht noch nicht im Gesetzblatt, das steht noch nicht im Verordnungsblatt, das kann die Bundesregierung entscheiden“, erklärte er im „Bericht aus Berlin“. Gleichzeitig macht er sich dafür stark, neue Geflüchtete aus der Ukraine nicht mehr sofort mit Bürgergeld zu unterstützen.
Auch vonseiten der CSU und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder wird gefordert, die Anpassung auszusetzen. Betroffene sollen ein Jahr lang warten, damit dann völlig neu gerechnet werden kann.
Beitrag für den sozialen Zusammenhalt
Ein klares „nein“ zu den Forderungen kommt von SPD-Chefin Saskia Esken. Sie könne sich nicht vorstellen, dass man sich darauf einlasse. Man spare nicht an den Ärmsten, sondern müsse schauen, auch die „starken Schultern“ zu beteiligen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann betont überdies, man leiste mit dem Bürgergeld, das auf mehr Respekt und Würde setze, „einen wichtigen Beitrag für den sozialen Zusammenhalt“.
Betroffene wurden alleingelassen
Wenn sich CDU, CSU und FDP durchsetzen sollten, droht der nächste Gang vor das Bundesverfassungsgericht. „Die Bundesregierung hat bei den Regelsätzen überhaupt keinen Spielraum, wenn sie nicht riskieren will, wieder in Karlsruhe zu landen“, warnt etwa der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Dr. Ulrich Schneider. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Verena Bentele nennt es schlicht eine „zynische Debatte“, zumal es sich um einen rückwirkenden Inflationsausgleich handle. Bürgergeld Bedürftige seien in der Hochphase der Inflation alleingelassen worden. Daher seien viele dringend auf die Anpassung angewiesen.
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